Neues Buchpreisbindungsgesetz in Österreich

  • Heute (1.12.2014) tritt in AT das Buchpreisbindungsgesetz in erneuerter Fassung in Kraft.

    Das betrifft auch Händler in Deutschland, die preisgebundene Neuware anbieten und Bestellungen nach AT ermöglichen. In der aktualisierten Fassung gelten die für Österreich gebundenen Preise nämlich auch beim grenzüberschreitenden Online-Handel.

    Den Wortlaut des Gesetzes gibt es hier:

    https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassun…nummer=20000789

    Eine Besonderheit des österreichischen Buchpreisbindungsgesetzes ist, dass immer ein Ladenpreis festgesetzt werden muss. Ladenpreis aufgehoben (Meldenummer 19) gibt es dort nicht. Die im VLB genannten Preise für AT sind einzuhalten. Allerdings unterliegen Mängelexemplare wie bei uns nicht nicht der Preisbindung.

    amazon hat in den Verkäufer-News ebenfalls darauf hingewiesen, dass bei Neubuchbestellungen nach AT dem Kunden der österreichische Ladenpreis berechnet werden muss. (Das börsenblatt war in seiner Meldung dazu leider nicht so konkret)
    Der weicht aufgrund des anderen MwSt-Satzes meist vom deutschen Ladenpreis ab. Er darf laut §5 des österreichischen Buchpreisbindungsgesetzes lediglich bis zu maximal 5% unterschritten werden. Eine amazon.at Seite gibt es übrigens nicht, österreichische Kunden bestellen über amazon.de mit.

    Wer also auch preisgebundene Neuware anbietet, oder in buchfreund den libri-Service für Neubücher aktiviert hat, sollte hier reagieren und erstmal den Versand nach AT ausschließen.

    Ziel der Gesetzesänderung war, dass auch eBooks preisgebunden werden [pdf]. Allerdings ist das österreichische Parlament mit diesem Vorstoß wohl über das Ziel hinaus geschossen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses neue Gesetz lange Bestand haben wird, eine grenzüberschreitende (Buch-)Preisbindung ist rechtlich in der EU eigentlich nicht zulässig ... auch wenn in dem pdf zur Begründung eine Reihe von EuGH-Entscheidungen herangezogen werden, nach denen es angeblich doch gehen soll. Na, warten wir mal ab.

    Einmal editiert, zuletzt von kleinerMUC (2. Dezember 2014 um 07:48)

  • Danke :oops:

    Weil mich so rechtliche Themen interessieren, hab ich ein bisschen weiter recherchiert. Auf meine Anfrage an Herrn RA Christian Solmecke von antiquariatsrecht.de bekam ich aber erstmal leider nur von einer Mitarbeiterin die Antwort:

    Zitat

    Leider können wir uns nicht zum neuen Preisbindungsgesetz in Österreich äußern, da wir ausschließlich mit den deutschen Vorschriften vertraut sind.


    Meine - also nicht rechtsanwaltlich verifizierten - Schlussfolgerungen:

    Möglichkeit 1)
    Es bleibt alles wie gehabt. Durch die bereits zitierte Ausnahme in §5 des österreichischen Buchpreisbindungsgesetztes ändert sich für deutsche Versender nix, da sich durch den Unterschied im umgerechneten gebundenen Ladenpreis (MwSt. für gedruckte Bücher weicht in AT z.Z. um 3% ab) die absoluten Preise also auch um nicht mehr als 5% unterscheiden.
    Ausnahme: wurde durch einen Importeur ein ganz anderer Ladenpreis festgesetzt.

    Möglichkeit 2)
    Das österreichische Buchpreisbindungsgesetz wird - wie in 2009 bereits einmal geschehen - vom EuGH wieder gekippt.
    Damals wurde beanstandet, dass die für Deutschland festgesetzten Preise nicht grenzüberschreitend auch für AT gelten dürfen, da dies eine Behinderung des freien Warenverkehrs darstelle:
    http://www.rechtslupe.de/wirtschaftsrec…isbindung-38866

    Das wurde korrigiert, indem für AT eigene Preise festgesetzt werden müssen. Aber ob das neue Konstrukt mit EU-Recht vereinbar ist, darf angezweifelt werden:
    http://futurezone.at/netzpolitik/wi…ooks/87.718.296

    Zitat

    Dass die für Bücher geltende Ausnahme des grenzüberschreitenden Internethandels aus dem Gesetz gestrichen wird, sei wettbewerbsrechtlich bedenklich.

    Dies sehen auch die Experten von Dorda Brugger Jordis ähnlich. Die Änderung des Gesetzes durch den Initiativantrag sei im Hinblick auf das EU-Recht bezüglich der Warenverkehrsfreiheit „rechtlich problematisch“. „Das könnte dazu führen, dass Österreich mit seiner Regelung wieder beim EuGH landet“.

    Möglichkeit 3)
    Das ganze ist als akademisch anzusehen, da die deutschen Preisbindungswächter bereits festgestellt haben:

    Zitat

    Eine Preisbindung "über die Grenze hinweg" ist aus kartellrechtlichen Gründen unzulässig.


    http://www.boersenverein.de/de/portal/glos…r=O&wort=188681

    Möglichkeit 4)
    Das hat schon alles seine Richtigkeit so.

    Da weder das börsenblatt noch andere Fachmedien (mit einer Ausnahme) dazu Stellung bezogen haben, herrscht nun also eine gewisse Unsicherheit, was denn zutrifft

    Da aber bestenfalls Zweifel an der aktuellen Regelung bestehen, haben wir erstmal den Versand preisgebundener Neubücher nach AT ausgeschlossen.

    Alles weitere wird man abwarten und beobachten müssen ...

  • Herr RA Solmecke hat sich nun doch noch auf meine Anfrage auf antiquariatsrecht.de geäußert:

    Zitat

    Alle deutschsprachigen Bücher, E-Books und Musikalien unterliegen beim Verkauf nach Österreich der dortigen Preisbindung. Diese Regelung gilt gemäß § 2 Ziff. 3 BPrBG auch für Letztverkäufer, mithin solche Personen, die gewerbsmäßig Waren im Sinne des § 1 an Letztverbraucher veräußern. Nach dieser Lesart müssen sich deutsche Onlinehändler beim Verkauf von Büchern und E-Books (sowie Musikalien) nach Österreich an die dortige von den Verlegern festgelegten Preise halten.


    Quelle: http://www.antiquariatsrecht.de/aenderung-des-…-haendler-2102/


    Auch wenn weiterhin Zweifel an der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung bestehen dürften, (im Vergleich zum deutschen Buchpreisbindungsgesetz schreibt Herr RA Solmecke: )

    Zitat

    Gemäß § 4 Abs. 1 [des deutschen] Buchpreisbindungsgesetz gilt die Preisbindung nicht für grenzüberschreitende Verkäufe innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes. Damit hat der deutsche Gesetzgeber festgelegt, dass die Preisbindung nur innerhalb des Bundesgebietes gilt. Das österreichische BPrBG sieht eine entsprechende Regelung nicht vor. Dementsprechend scheint der österreichische Gesetzgeber die grenzüberschreitende Preisbindung geregelt zu haben.


    trifft also Möglichkeit 4 erstmal mit allen Konsequenzen für deutsche Versender zu:

    Zitat

    Insoweit ist deutschen Händlern anzuraten beim Verkauf von Büchern und E-Books nach Österreich die dortige Preisbindung zu beachten, um Abmahnungen zu vermeiden.

  • Aus aktuellem Anlass ein kleiner Nachtrag zu diesem Thread:

    Der im österreichischen Buchpreisbindungsgesetz definierte "Letztverkaufspreis" ist nach § 2, Satz 5 ein Mindestpreis. Das war mir leider entgangen, hier unterscheidet sich das Gesetz vom deutschen Buchpreisbindungsgesetz, das den Letztverkaufspreis genau festetzt.

    Thalia "rundet" nun die Preise in Österreich auf und erhöht also den Verkaufspreis von Büchern in (bisher einigen Pilot-) Filialen. Ob das sinnvoll ist, sei dahingestellt (siehe verlinkter Artikel oben), es ist aber grundsätzlich mit den österreichischen Buchpreisbindungsgesetz vereinbar.