Lohnt es sich, ein Antiquariat zu eröffnen?

  • Hallo,

    ich bin neu hier. Ich spiele mit dem Gedanken, ein Buch-Antiquariat zu betreiben.

    Meine Frage an Euch. Lohnt es sich noch dort einzusteigen?

    Kann man davon leben oder ist das ein Geschäft für nebenbei?

    Danke im Vorraus für Antworten.

    Andy

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Andy,

    ist womöglich schwierig, so eine Frage von potentiellen Mitbewerbern beantwortet zu bekommen. :) Aber grundsätzlich leben doch sehr viele Antiquariate davon, Bücher zu verkaufen. Der eine lebt gut, der andere weniger gut und der übernächste sehr gut davon.

    Ob es sich lohnt? Das hängt von vielen Faktoren ab. Ich zähle mal ein paar auf, vielleicht hilft dir das schon mal etwas weiter. Die Fragen, die ich stelle, musst du eher für dich selbst beantworten.

    - Das Geschäft wird i.d.R. beim Einkauf gemacht. Woher beziehst du deine Ware?

    - ISBN-Ware ist tot, sagen die einen. Die anderen leben nur davon. Wenn du viel ISBN-Ware hast, kommst du an Preistooling-Software (wie unser seller-solution.com) nicht vorbei, um konkurrenzfähig zu bleiben. Wenn du viel NICHT-ISBN-Ware hast, solltest du einfach mal im Netz schauen, was die Bücher so für Preise erzielen. Wichtig bei NICHT-ISBN-Ware ist eine gute Beschreibung und viele, viele Bilder.

    - Womit willst du deine Bücher verwalten? Ich empfehle natürlich unsere whBOOK-Antiquariatssoftware mit allen Diensten drumherum. Aber das kostet halt je nach Ausbaustufe ein paar Euronen, die auch erstmal verdient sein wollen.

    - Möchtest du rein als Online-Verkäufer tätig sein oder kommen auch Wochenmärkte/Flohmärkte in Betracht?

    - Online-Marktplätze wollen auch immer was vom Kuchen abhaben. Das geht günstig mit Buchfreund und Booklooker (um die 8%) aber auch teurer mit tendeniell mehr Umsatz bei eBay und Amazon (15-25% je nach Abo und Fixkosten/Umsatz).

    - Verkauf ins Ausland, Steuern, Rechtstexte um sicher im Netz verkaufen zu können, ...

    Soviel erstmal von mir. Vielleicht gibt's ja noch ein paar gute Fragen, die man sich selbst stellen müsste?


    Gruß,

    Stefan

  • Fakt ist, daß mehr Antiquariate schließen als neu eröffnen.

    Viele bestehende Antiquariate sind Jahrzehnte unterwegs und haben sich die Stammkundschaften und Sammler aufgebaut.

    Aber ich kenne sogar jemanden der es erfolgreich geschafft hat. Zum Ankauf ideal, grade wenn man noch einen Onlinehandel hat.

    Habe aber schon häufiger die Reste von Gründern weggeräumt, die es nicht geschafft haben.

    Bin mal ehrlich, 30 Jahre jünger und ich würde es auch probieren. :lol:

  • .....30 Jahre jünger.... Das hört sich an, das der Aufbau sehr langwierig ist

    Bein einem klassischen Antiquariat mit Ladengeschäft ist das eine langwierige Sache.

    Bei Online Antiquariaten sieht es etwas anders aus. Wie Stefan schon schrieb, es kommt immer auf die Details an.

    Das Wichtigste ist, dass man den Augbau aus Eigenmittel finanziert. Wenn man schon beim Aufbau mit Krediten arbeiten muss, ist das eher schlecht, da man immer die Bank im Rücken hat und diese bei einer Veränderung dem Unternehmen durchaus auch mal schnell in den Rücken fällt, wenn Ziele nicht erreicht werden.

    Alle meine Bücher im Bestand, sämtliche Programme und Hardware sowie den Buchbestand der Unbearbeitet der hier noch bei mir im Lager liegt sowie die komplette Lagerausstattung ist bezahlt. Vieles bekommt man inzwischen umsonst, für bestimmte spezielle Ware muss man auch etwas bezahlen. Gute Lieferanten sind auch wichtig.

    Ich würde sowieso empfehlen zunächst im Nebenberuf anzufangen und so das Geschäft aufzubauen.

  • Ein klassisches Antiquariat zu eröffnen erachte ich als genauso aussichtsreich wie eine Videothek zu eröffnen. Online naja. Das nochmal neu anzufangen benötigt einen Zeithorizont von mindestens 10 Jahren. Bis dahin sind 50% unserer Kunden weggestorben. Nebenbei kann man sowas probieren, insbesondere wenn man gewisse Voraussetzungen (Ahnung von Büchern, sehr gute Computerkenntnisse, betriebswirtschaftliche Grundknntnisse, Startkapital) mitbringt. Nebenbei kann man es natürlich probieren im kleinen Rahmen. Dann hat man auch viele Kostenfaktoren (Krankenkasse z.b.) nicht an der Backe.

  • Andy1310

    Ich kenne nur einen Kollegen, der tatsächlich ein Geschäft aufgemacht hat und es auch erfolgreich betreibt. Allerdings wird der Laden durch den Onlinehandel komplett abgedeckt.

    Ganz so schwarz wie Buchhesse sehe ich das nicht, aber letztlich müsste man vorher überlegen, welche Kundschaft man ansprechen will. Ein klassisches Alt-Antiquariat ohne Onlinehandel ist wohl eher eine Totgeburt. Modernes Antiquariat mit gepaart mit Onlinehandel findet man ja noch häufiger und das scheint ja ganz gut zu gehen. In die Richtung würde ich es auch probieren..... wenn überhaupt.

    Ich habe mich komplett ohne Eigenkapital selbstständig gemacht und eine echte Ochsentour durchgemacht. Genaugenommen hatte ich 6.500 Euro Minus auf dem Konto. Letztlich habe ich dann rund 10 Jahre gebraucht, bis es einigermaßen lief. Aber die dünne Eigenkapitaldecke macht mir noch immer zu schaffen, nach über 15 Jahren. Ich glaube, dieses Geschäft ist kein Sprint sondern eher ein Ultra-Marathon.

    Würde ich das so noch einmal machen? Ich denke eher nicht. Ich habe wirklich harte Zeiten durchgemacht.

  • Wie andere schon geschrieben haben ist die Frage nicht so ohne weiteres zu beantworten. Unsere Erfahrung: Ja, es ist möglich, aber es ist schwierig. Loser Eindruck: Es gab mal wesentlich mehr "kleine Krauter" bei den Internetantiquariaten, die meisten sind verschwunden. So zumindest hier die lokale Beobachtung.

    Sich mit Büchern auszukennen ist sicher Grundvoraussetzung. Diverse andere Aspekte sind bereits genannt geworden. Die örtliche Konkurrenzsituation spielt auch eine gewichtige Rolle (wer kauft noch im lokalen Umfeld welche Art von Büchern auf und hat vielleicht schon lange Beziehungen zu möglichen Zulieferern aufgebaut). Und am Ende dürfen einen die Kosten nicht auffressen. Zu hohe Mieten sind tödlich.

    Ladengeschäft ist noch eine andere Sache. Wie ist das Umfeld, wie spezialisiert ist man und vor allem auch hier die Mieten. Wir können uns ein Ladengeschäft vorstellen (allerdings nicht als reines Antiquariat), aber trotz Corona und allgemeiner Einzelhandelskrise sind die Mieten hier für vernünftige Ladengeschäfte immer noch zu hoch.

  • Also ein Ladengeschäft kommt sicher nicht in Frage aufgrund der hohen Kosten. Man braucht aber sicherlich Lagerkapazitäten.

    Also Lager und nebenbei starten. Schon alleine wegen der Krankenversicherung. Kleinen Transporter braucht man sicher auch.

  • Also ein Ladengeschäft kommt sicher nicht in Frage aufgrund der hohen Kosten. Man braucht aber sicherlich Lagerkapazitäten.

    Also Lager und nebenbei starten. Schon alleine wegen der Krankenversicherung. Kleinen Transporter braucht man sicher auch.

    Wir haben nicht mal einen Transporter. Hängt aber sicher von der Region ab. Für kleinere Mengen nutzen wir im Carsharing verfügbare Wagen (da gibt es hier bis zur Größe eines Ford Transit), für größere Mengen beauftragen wir einen Entrümpler hier vor Ort. Gerade letzteres schont auch den Rücken enorm und ist deutlich schneller. Wir haben erst zuletzt ca. 2.000 Bücher gekauft. Verpacken und Transport hat mit deren Hilfe am Ende drei Stunden gebraucht. Hätten wir das alleine mit kleinerem Wagen gemacht würde es deutlich länger dauern und wenn ich unsere Arbeitszeit rechne auch teurer.

  • Wir haben nicht mal einen Transporter. Hängt aber sicher von der Region ab. Für kleinere Mengen nutzen wir im Carsharing verfügbare Wagen (da gibt es hier bis zur Größe eines Ford Transit), für größere Mengen beauftragen wir einen Entrümpler hier vor Ort. Gerade letzteres schont auch den Rücken enorm und ist deutlich schneller. Wir haben erst zuletzt ca. 2.000 Bücher gekauft. Verpacken und Transport hat mit deren Hilfe am Ende drei Stunden gebraucht. Hätten wir das alleine mit kleinerem Wagen gemacht würde es deutlich länger dauern und wenn ich unsere Arbeitszeit rechne auch teurer.

    Habt Ihr eine Halle für solche Mengen? verkauft Ihr alle Bücher oder sortiert Ihr bestimmte Genres aus? Und was gebt Ihr für z.B. 2k Bücher? Wird nach Kilo bezahlt?

  • Andy1310

    Was hier aber schön zu sehen ist, wie unterschiedlich die ganzen Konstrukte sind. Ich habe einen großen Sprinter und einen SUV. Dazu noch zwei Anhänger. Aber ich finde es super wie die Buchkanzlei das macht.

    Bei meinem Konstrukt ist der Sprinter schon echt wichtig. Ich wohne in einer kleinen Stadt und beziehe meine Ware aus einem Umkreis von gut 100 km. Spezialisieren würde ich mich nicht mehr.

    Was ich auf keinen Fall machen würde ist, viel Geld in die Hand zu nehmen und versuchen in das Geschäft mit aller Gewalt zu kommen. Langsam privat anfangen, zum Beispiel auf Flohmärkten einkaufen und im Netz verkaufen. Und dann langsam wachsen.

    Wir haben hier in der Region einen Händler, der fährt die ganzen Flohmärkte mit seinem Fahrrad ab und lebt auch davon.

    Und was ich auch nicht mehr machen würde ist, mich nur auf den Onlinehandel zu verlassen. Wir machen noch Haushaltsauflösungen, wenn welche reinkommen, und verkaufen ab mitte Mai auch direkt auf Märkten.

  • Danke an alle für die hilfreichen Hinweise.

    Noch ne Frage: Kann man davon leben? Reich wird man damit sicher nicht, ich weiß :-).

    Und keiner sagt, was er verdient, ich weiß.

    Aber vielleicht gibt es ja einen Richtwert ?

  • Na ja, wenn man davon nicht leben könnte, dann würden wir es nicht machen, oder?

    Na ja, es hängt von Deinen Kosten und Lebensumständen ab, was Du verdienen solltest.

  • Danke an alle für die hilfreichen Hinweise.

    Noch ne Frage: Kann man davon leben? Reich wird man damit sicher nicht, ich weiß :-).

    Und keiner sagt, was er verdient, ich weiß.

    Aber vielleicht gibt es ja einen Richtwert ?

    Unser Eindruck: Die meisten schaffen es gerade mal so, davon zu leben. Viele der älteren Kolleginnen und Kollegen machen es weiter, brauchen es aber nicht. Einige scheinen sehr gut davon leben zu können. Daher: Ja, es geht, wenn man es richtig anfängt (und wie das "richtig" aussieht ist natürlich Ansichtssache).

  • Meiner Meinung nach macht eine Vollzeit-Selbstständigkeit nur wirklich Sinn, wenn man mindestens 5000 Euro netto im Monat verdient. Und dies, nachdem Krankenversicherung und angemessene Altersvorsorge (ca. 1000 Euro im Monat) bereits abgezogen sind. Ansonsten fährt man angesichts der Risiken (Haftung, Steuer, Krankheit usw.) und des Arbeitsaufwands mit einem Angestelltenverhältnis deutlich besser. Wenn man es nebenbei macht, sieht das alles anders aus. Dann kann man mit 1 bis 3 Tausend Euro Umsatz schon ein schönes Taschengeld nebenbei verdienen. ohne die Risiken zu haben und auch nicht die extremen Kosten der Krankenkasse (GKV bis 900 Euro im Monat!).

  • Hahahaha, nee, ist klar. Also eigentlich wären doch 10.000 Euro netto besser, oder? :lol:

    Stell Dir vor, ich bin mit viel weniger glücklich und liebe meinen Job noch immer. Geld ist nicht alles.